28. März 2023

16 Meter hohe Betonwände

Im aargauischen Villmergen baut die Schweizerische Post eines der grössten Lagerlogistikzentren der Schweiz. Ausgeführt werden die Neubauten vom Baumeisterunternehmen Anliker. Bauführer und Poliere wurden mit dem Auftrag, 16 Meter hohe Betonwände und die dazugehörige Decke von 40 × 80 Meter zu erstellen, ganz schön gefordert.
 

TEXT: Anita Bucher
BILDER: Hansruedi Rüfenacht, Anliker AG
 

«Es läuft alles nach Plan.» Bauführer Silvan Soom ist zufrieden. An diesem 17. Februar sind die Bauarbeiter gerade daran, die letzte der 16 Meter hohen Wände zu betonieren. «Diese waren zu Beginn eine Herausforderung», erzählt Silvan Soom. Inzwischen hat sich aber vieles eingependelt und ein gewisser Baustellenalltag ist eingekehrt. Aber der Reihe nach:

Vier Wochen bis zum Baustart
Auf dem Gelände der Post in Villmergen erfährt das bestehende Logistikzentrum (Bau1) einen massiven Ausbau durch gleich vier weitere Bauten (Bau 2–5), welche die hochautomatisierten Lagerflächen von 20'000 m2 auf 57'000 m2 erweitern. Zwischen der Auftragserteilung und dem Beginn der Baumeisterarbeiten lagen gerade mal vier Wochen. Weitere drei Wochen später stand beim Bau 4 bereits das Schalen der 16 Meter hohen Betonwände an. Wenig Zeit also für den Bauführer, sich nach einem geeigneten Schalsystem umzusehen. «Von der Idee der Kletterschalung sind wir rasch wieder abgekommen, weil wir da nicht sicher sein konnten, dass die geforderte Genauigkeit erreicht werden kann.» Ausserdem erfordert eine Kletterschalung mehr Zeit. Die Wahl fiel deshalb auf eine Stahlschalung von Hussor. Blieb also die Frage offen: Wie betoniert man 16 Meter hohe Wände?

Sieben Fahrmischer in zehn Stunden
«Zu Beginn war bereits das Stellen der Schalung eine Herausforderung», erzählt Silvan Soom, denn es galt die Vorgabe, auf 16 Meter maximal 10 mm Abweichung im Senkel zu erreichen. Diese hat das Bauteam um den erfahrenen Polier Silvio Schmid erfolgreich gemeistert. Betoniert wurden die jeweils acht Meter langen Teilstücke mittels selbstverdichtendem Beton (SVB). Die erste Betonage erfolgte jeweils bereits um 7 Uhr früh. «Ungefähr alle zwei Stunden kam ein weiterer Fahrmischer.» Unabdingbar war, dass der eingebrachte Beton tragfähig genug für eine weitere Schicht war und der Schalungsdruck somit nicht weiter anstieg. Dazu wurden die Schalungen mittels Druckmessdosen, die den gemessenen Druck anzeigen, überwacht. Gegen 17 Uhr schliesslich erfolgte jeweils die letzte Betonage des Tages. Am Tag darauf konnte die Riesenwand bereits ausgeschalt werden.

Effizienz als oberstes Gebot
Um den engen Zeitplan einzuhalten, mussten sich Bauführer und Polier einiges einfallen lassen, damit die Arbeiten möglichst effizient voranschreiten. Zum Beispiel bei der Schalung der Decken: «Wir mussten uns von der Vorstellung verabschieden, die 40 × 80 Meter komplett einzuschalen, denn dazu hätte es Unmengen an Material benötigt. Rund 60 LKWs wären für die Anlieferung benötigt worden.» Eine effizientere Methode musste gesucht und gefunden werden. Silvan Soom unterteilte die Decke schliesslich in acht Deckenetappen, welche mit lediglich zwei Schalungsspielen erstellt werden können. Somit änderte sich der zeitkritische Weg. Nicht mehr nur die unteren Wände waren jetzt massgebend, um die nächste Etappe zu erstellen, sondern auch das Vorspannen der Decken. Denn dies ist die Voraussetzung, um die erstellte Etappe auszuschalen und die Schalung für die nächste Etappe zu verwenden.
Für das Erstellen einer Deckenetappe à 400 m2 werden lediglich sechs Arbeitstage benötigt. Gearbeitet wird mit Deckentischen auf Doka-Spriessgerüsten. Am Tag fünf werden die Spannkabel von der Spezialfirma VSL in die Hüllrohre eingezogen und am sechsten Tag wird mit 234 Tonnen Zugkraft vorgespannt. So erreichen die 75 und 85 Zentimeter dicken Betondecken eine spätere Nutzlast von 1,5 respektive 2 Tonnen pro Quadratmeter. Die «Schalungstürme» mit Schalungstischen können anschliessend für die nächste Deckenetappe etwas herunter gefahren, mit «Panzerrollen» unterlegt an den nächsten Standort verschoben und wieder auf die benötigte Höhe von 16 Metern gebracht werden.

Ein enges Terminprogramm
Gefragt nach der grössten Herausforderung auf der Baustelle, nennt Silvan Soom ohne Zögern die gesetzten Termine. Jedes der vier Gebäude wird mit anderen Endterminen der Bauherrschaft übergeben. Während der Bauführer also Material und Termine möglichst effizient einplant, sorgt draussen Chefpolier Silvio Schmid für die Umsetzung. Um möglichst effizient zu sein, wird an allen vier Bauten gleichzeitig gearbeitet.» Gebäude 4, dasjenige mit den hohen Betonwänden, soll bereits Ende Mai an die Bauherrschaft übergeben werden. Hier entsteht in Kürze ein hochmodernes automatisiertes Mittelteil-Lager. Bis dahin aber müssen auf die 75 Zentimeter dicke erste Betondecke nochmals zwei Stockwerke von fünf bzw. 11 Metern drauf gebaut werden. Die anderen drei Bauten weisen keine so hohen Stockwerke auf. «Hierbei handelt es sich um klassischen Industriebau», erklärt Silvan Soom. Aber auch hier steht Effizienz an erster Stelle.

Eisen vorbinden, wo immer möglich
«Mit den Akkordanten sind wir derzeit rund 50 Leute auf Platz», so Silvan Soom. Rund ein Jahr lang, also bis November 2023, haben die Bauleute von Anliker Zeit für die Baumeisterarbeiten an den vier neuen Gebäuden. Während bei Bau 5 die Bodenplatte betoniert wird, ist man nebenan bei Bau 3 daran, die Decke des Untergeschosses zu betonieren. Auf dem Bauplatz von Bau 2 werden derzeit Pilzstützen erstellt, welche später grosse Lasten auffangen sollen. Dazu hat sich Anliker in der eigenen Zimmerei mehrere DokaFlex-Tische mit der richtigen Neigung nach Mass zusammenbauen lassen. Die Bewehrung für die Pilze wird auf Platz in einer Lehre vorgebunden und später nur noch reingehoben. So kommen die Bauleute auch beim Betonieren der Pilzstützen rasch voran und die Decke kann später in einem Stück betoniert werden.

Organisation und Sicherheit für den Erfolg
Gefragt nach den grössten noch anstehenden Herausforderungen, zeigt sich Silvan Soom erleichtert: «Die schwierigsten Arbeiten liegen hinter uns. Ich bin sehr froh, dass wir die Termine hingekriegt haben und spreche Polier Silvo Schmid ein grosses Lob dafür aus. Er hat das top gemacht. – Aber natürlich ist es noch lange nicht vorbei: Wir sind aktuell bei den Deckenetappen auf 16 Metern Höhe, das ist per se schon eine Herausforderung, auch in Sachen Sicherheit. Da muss man gut planen und organisieren, man kann nicht einfach drauflosarbeiten. Zudem müssen wir schauen, dass wir uns zum Schluss nicht einschliessen mit dem ganzen Material.»

Gefragt, was es für ihn jetzt noch braucht, damit das Bauprojekt gelingt, antwortet Polier Silvio Schmid: «Planen, planen, optimieren und ganz viel vorwärts arbeiten, dann kommt es gut.»

 

Post setzt neue Massstäbe in der Lagerlogistik
Bis 2025 baut die Schweizerische Post ihr bestehendes Lagerlogistikzentrum in Villmergen aus. So steht für Geschäftskunden künftig eine hoch automatisierte Lagerfläche in der Grösse von acht Fussballfeldern zur Verfügung. Die Post bietet ihnen passende Lager- und Logistiklösungen für alle Bedürfnisse: Sie kümmert sich um den Eingang der Waren, lagert diese sicher ein, bereitet Bestellungen auf und versendet sie. Ergänzend bietet die Post bereits heute Dienstleistungen für das Gesundheitswesen an. Das Gebäude ist von Swissmedic zertifiziert. Der Neubau wird zudem nach dem Goldstandard des Labels DGNB Schweiz (int. Label Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) erstellt. Es handelt sich um den ersten Logistikbau in der Schweiz, der nach diesem Label zertifiziert wird.

Weitere Informationen:

www.post.ch/lzv

 

 

Persönlich, rasch und direkt

Sie wollen wissen, wofür wir uns engagieren? Abonnieren Sie unseren Newsletter! Bei Fragen steht Ihnen die Geschäftsstelle von Baukader Schweiz zur Verfügung.

Baukader in Ihrer Nähe

Unsere Sektionen bilden das regionale Netzwerk, fördern die Geselligkeit und stehen für Fragen zur Verfügung.

Newsletter abonnieren