26. September 2023

Baustelle der Zukunft: Wildtierbrücke Biberlikopf

Die Autobahn A3 im Norden des Kantons Glarus durchtrennt seit Jahrzehnten den Wildtierkorridor Biberlikopf. Das soll sich nun ändern. Mit der Wildtierüberführung werden die natürlichen Wanderrouten der Tiere wiederhergestellt. Die Planung dafür läuft auf Hochtouren.

Text: Simon Meier
Visualisierungen: Nightnurse Images AG

2020 hat das Bundesamt für Strassen ASTRA den Auftrag für die 50 Meter breite Holzbrücke erteilt. Aktuell ist das Projekt in der Planungsphase, aber bereits 2025 fahren die Baumaschinen auf. Ein Jahr später werden Hirsche und Rehe die Autobahn dank der neuen Holzkonstruktion erstmals nach Jahrzehnten wieder überqueren können.

Holzbaukompetenzen gefragt
Den Zuschlag für die Planung der Wildtierüberführung hat die dsp Ingenieure + Planer AG erhalten. Nachdem klar wurde, dass sie als Holzkonstruktion gebaut wird, suchte das Unternehmen einen Partner mit ausgewiesenen Holzbaukompetenzen. 
Denn die Eigenschaften von Holz sind komplex. Bäume wachsen in die Höhe und der Stammdurchmesser nimmt jedes Jahr um einen Jahrring zu. Holz schwindet und quillt bei Feuchteänderung in jede Richtung unterschiedlich und das Tragverhalten variiert je nach Faserrichtung. stark. Der Fachbegriff Anisotropie beschreibt dieses Verhalten. Beim Entwurf von Holzbauwerken ist es wichtig, dass die Planerinnen und Planer mit den anisotropen Eigenschaften von Holz vertraut sind.

Kleinere Fundamente möglich 
Anfänglich war die Brücke als Stahlbeton-Konstruktion geplant. Doch der Boden in der Linthebene ist weich. Die schwere Konstruktion hätte riesige Fundamente benötigt, damit sie nicht absinkt. Oder die Fahrbahn hätte wegen des Absinkens der Brücke Schaden genommen. Für die viel leichtere Holzkonstruktion, die nun umgesetzt wird, genügen einfache Betonrammpfähle in einer Schotterschicht als Fundamente. Stahlzugstangen unter der Fahrbahn nehmen die resultierenden Zugkräfte auf.
In den frühen Planungsphasen wurden Details und Konstruktionsmöglichkeiten im Dialog zwischen Holzbauingenieuren und Bauingenieuren entwickelt. Hier bewährten sich analoge oder einfache digitale Hilfsmittel. In Onlinebesprechungen oder am gemeinsamen Sitzungstisch beugten sich die Planer über Pläne und Skizzen. Die Bauingenieure definierten Lasten, der Landschaftsarchitekt entwarf das Erscheinungsbild und die Holzbauingenieure entwickelten Detaillösungen für die Konstruktion.

Gemeinsame Planungs-Plattform
Je weiter das Projekt fortschritt, desto wichtiger und effizienter wurde die Zusammenarbeit auf digitaler Ebene. Die Wahl der geeigneten Tools ist entscheidend. Für die Planung der Wildtierbrücke Biberlikopf hat sich das Planungsteam für die Plattform buildagil entschieden. Diese Plattform bietet ein ganzes Ökosystem für alle Projektbeteiligten. In buildagil kann das Planungsteam gleichzeitig und in Echtzeit an Dokumenten, 3D-Plänen und Modellen arbeiten. Den Kern der Zusammenarbeit bildet das Modell, in dem sich die Beteiligten über die Grundrissnavigation bewegen und gewünschte Ansichten für eine Sitzung oder die Baustelle hinterlegen können.

Wildtierbrücke aus Dreigelenkbogen mit Brettschichtholzträgern
Ab 2026 können Wildtiere die Autobahn A3 wieder sicher überqueren. Dazu werden 32 Dreigelenkbogen aus Brettschichtholzträgern mit einer Höhe von 1,60 Metern und einer Länge von 57,3 Metern die Autobahn überspannen. Immer zwei Bogenträger werden in vereinzelten nächtlichen Totalsperrungen von beiden Seiten gleichzeitig eingehoben und im Scheitel mit einem Stahlgelenk zu einem sogenannten Dreigelenkbogen verbunden.

Zusammenarbeit auf politischer Ebene 
Die Wildtierbrücke Biberlikopf ist kein Ausnahmeprojekt. Dank grossem Engagement von Ständerat Jakob Stark und guter Zusammenarbeit auf politischer Ebene werden künftig Infrastrukturbauten vermehrt in Holzbauweise erstellt. Nach der Annahme der Motion «Erforschung und Innovation des Werkstoffs Holz für den Einsatz im Infrastrukturbau als Dekarbonisierungs-Beitrag» ist der Bundesrat beauftragt, die Möglichkeiten zur Dekarbonisierung des Infrastrukturbaus zu erforschen. CO2-intensive Baumaterialien sollen CO2-speichernden Materialien weichen. Holz wird dabei die Nase vorn haben.

Die Holzbrücke mit einfachen Betonrammpfählen als Fundamente: Der Horizontalschub des Bogens wird mittels Zugbänder unter der Strasse aufgenommen.


Weitere Informationen zu Holz im Infrastrukturbau und der Motion.

Bauherrschaft:                 Bundesamt für Strassen ASTRA, Ittigen

Landschaftsarchitekten:   Klostermann Rainer Gestaltung /Landschaftsarchitektur, Zürich

Ingenieure:                       dsp Ingenieure + Planer AG, 8610 Uster und CSD Ingenieure AG, Frauenfeld

Holzbauingenieur:            Timbatec Holzbauingenieure, Zürich

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