01. Juli 2021

Genial: Gussasphalteinbau mit digitaler Steuerung

Kein mühsames Schienen-Legen mehr: Der Abzug der neu digital-gesteuerten Gussasphaltbohle der KIBAG wird von vier Theodoliten gesteuert und sorgt damit für einen gleichmässigen Gussasphaltbelag. Das spart Zeit, Geld und Nerven. Noch ist man in der Test-Phase, aber bereits jetzt ist klar: die neue 3D-Gussaphalteinbautechnik revolutioniert den Verkehrswegebau. 


Derzeit muss die Gussasphaltbohle „Gertrud“ in der Längs- und Querachse noch von einem Maschinisten gesteuert werden. Dies soll aber bald ebenfalls über die 3D-Steuerung via Theodolit möglich sein. 

Es zischt und dampft an diesem Freitagmorgen, 29. Mai in Lenzburg. Beim Autobahnzubringer wird auf der Brücke der Deckbelag, ein Gussasphalt, eingebaut. Vier Theodoliten stehen neben der Brücke in Reih und Glied. Sie steuern die grosse Gussasphaltbohle, die langsam, fast bedächtig ihren Weg über die neu zu asphaltierende Fläche fortsetzt, während rundherum fleissig geschaufelt wird.  

An der Einbaubohle sind links und rechts Masten mit je einem Prisma auf etwa 5.5 Metern Höhe montiert. Diese stehen im ständigen Austausch mit den stationären Tachymetern. Jedes der beiden Prismen verfügt über einen Primär-Tachymeter und einen Ersatz. So können Fehler und Ausfälle minimiert werden. Wenn der Primär-Tachymeter infolge von Hindernissen keinen Sichtkontakt zu seinem Prisma hat, wechselt das System automatisch auf den Ersatztachymeter, ohne dabei die laufenden Messungen zu unterbrechen. 

Aus physischen Schienen werden digitale 

Das Grund-Prinzip ist einfach: Die Theodoliten messen rund 8-12-mal pro Sekunde die Distanz zu den Prismen an der Einbaubohle und leiten diese Messdaten mittels Bluetooth an das Tablet der Maschine weiter. Durch vorheriges exaktes Kalibrieren mittels Quer- und Längsneigungssensoren der Bohle weiss das System immer ganz genau auf welchem Höhenniveau sich die Abziehkante der Bohle gegenwärtig gerade befindet und die Maschine kann sich selbst auf die notwendige Höhe der Deckschicht ausbalancieren. Anstelle der bisherigen physischen Schienen kommen also unsichtbare, digitale zum Einsatz. Noch ist die Maschine ein Prototyp und Christian Debrunner, Bauführer bei der KIBAG ist derzeit immer vor Ort, wenn ein Einsatz ansteht.  


Die vier Tachymeter am Vortag beim Einbau der Bindeschicht. 
 
Eine Entwicklung dreier Spezialisten

Er hat die aktuelle Lösung zusammen mit weiteren Spezialisten der KIBAG Bauleistungen AG, mit Leica Geosystems und dem Bohlen-Hersteller Linnhoff und Henne entwickelt. Im Februar 2020 wurde nach rund 20 Wochen Bauzeit im Werk von Linnhoff und Henne die neue Bohle mit der 3D-Steuerung von Leica verbunden. „Tatsächlich funktionierte die neue Technologie von Beginn her erstaunlich gut“, erzählt Debrunner. Nur wenige nachträgliche Anpassungen seinen notwendig gewesen und nach ersten Praxistests hatte die Bohle bereits im März 2020 ihren ersten richtigen Einsatz beim Einbau von 1200 Quadratmeter Gussasphalt in Lenzburg, unweit der Stelle, an der sie heute grad den Deckbelag einbaut. 

So schnell wie möglich, so träge wie nötig 

Die grösste Schwierigkeit sei gewesen, die richtige Geschwindigkeit für die Hydraulik herauszufinden, damit die Bohle nicht ständig hoch und runter gehe, wenn der bestehende Boden kleine Unebenheiten aufweise, erzählt Debrunner. Schliesslich sollen diese Unebenheiten ja nicht weitergezogen werden. So sei es ein langsames Herantasten gewesen, was eben möglich ist. Ganz nach dem Motto: so schnell wie möglich, aber so träge wie notwendig. Inzwischen hat man das aber ganz gut im Griff. Während Asphalt-Bohle „Gertrud“ (sie heisst tatsächlich so) bei strahlendem Sonnenschein also bedächtig ihren Weg fortsetzt, verfolgt Christian Debrunner ganz entspannt das Treiben rundherum. Er hat bereits weitere Pläne zur Verbesserung der Bohle. „Wir arbeiten dran die Quer- und Längssteuerung der Maschinen ebenfalls zu digitalisieren. Letztens hatten wir einen Belagseinbau in Wagenhausen auf der Rheinbrücke knappe 5cm neben einer hohen Mauer. Da muss man extrem aufpassen, dass man in der Spur bleibt und die Maschine kein bisschen querkommt. Hier wäre ein digitale Längs- und Querachsen-Steuerung ein grosser Vorteil gewesen.“ Und Folgeprojekte sind bereits in der Pipeline: Für das Jahr 2021 und 2022 stehen diverse grosse Einbauten für das Astra (Bundesamt für Strassen) und die Kantone in den Auftragsbüchern der KIBAG. Auch deshalb würde sich die optimierte Steuerung lohnen.


Sie steuern die grosse Gussasphaltbohle: Die vier Theodoliten, die neben der Brücke in Reih und Glied aufgestellt sind.  


Sicher ist bereits jetzt: Mit der 3D-gesteuerten Gussasphaltbohle verfügt die KIBAG über ein zukunftsweisendes und hervorragend funktionierendes System, das die Wirtschaftlichkeit, die Präzision und Effizienz im Gussasphalteinbau massiv verbessert. Darauf darf man jetzt schon stolz sein. 

 

Text: Christian Debrunner/Anita Bucher
Fotos: Anita Bucher 

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