16. Mai 2021

Film ab fürs Kinocenter Chur


Schräge Tribünen, Überhöhen mit Kletterschalungen, besondere Schallschutzmassnahmen und zweieinhalb Kilometer Kanalisation. Was ab Sommer 2022 eine einzigartige Kinoerlebniswelt werden wird, beschäftigt derzeit zwei Poliere mit rund zwanzig Mann auf der Baustelle in Chur West. Acht Kinosäle, ein OpenAir-Kino, ein Restaurant, Technikräume, Nebenräume und ein Mehrzweckraum werden derzeit im Rohbau gestaltet.

115 Meter lang und 32.5 Meter breit ist der Baukörper des Kinocenters, das in Chur West direkt neben dem Bau und Hobby Center zu stehen kommt. Die Tiefgarage ist bereits fertig und gibt einen Vorgeschmack auf die Dimensionen, die mich im Erdgeschoss erwarten. Die ersten Schrägwände für die späteren Tribünen werden gleich beim Betreten sichtbar.

„Hier sind wir unter dem einen Kinosaal. Man sieht die geneigten Decken der Tribünen gut, die wir zu betonieren hatten“, erklärt mir Bauführer Patrick Hefti von der Nicol. Hartmann & Cie. AG. „Die waren schon aufwendig. Schon nur Schalung und die Abstützung der Träger von der Schalung sind bei schrägen Decken aufwendiger.“

„Nebst Papierplänen arbeiten die beiden Poliere mit einem BIM-Modell, an dem sie sich schwierige Details genau anschauen können“, erklärt Hefti.

Erhöhtes Anforderungsprofil beim IMAX-Kino
Der grösste Kinosaal befindet sich zuhinterst im Gebäude. Mit 24 Metern Länge und 21 Meter Breite wird er über rund 315 Sitzplätze verfügen. Der IMAX-Kinosaal muss strenge Auflagen an die Schall- Raumgestaltung und den Erschütterungsschutz erfüllen. Es ist der einzige Kinosaal der Kontakt mit dem Terrain hat. Die kleineren Säle liegen auf dem UG auf. Der IMAX-Saal ist auch derjenige der am nächsten bei der benachbarten Bahnlinie liegt. Um den Erschütterungsschutz jederzeit gewährleisten zu können, wurde das Fundament und Bodenplatte mit speziellen Sylomerplatten (Schaumstoffmatten) unterlegt, welche allfällige Vibrationen und Schallübertragungen durch die Bahnlinie abfedern und somit den Kinobesuchern jederzeit ein einzigartiges Kinoerlebnis garantieren können.

Mittels Kletterschalung Überhöhen handhaben
Eine weitere Herausforderung sind die hohen Räume der Kinosäle. Im IMAX-Kino sind die zu betonierenden Wände ganze zwölf Meter hoch. Hierfür kommt eine Kletterschalung mit sehr langen Richtstützen zum Einsatz und es braucht die nötige Schutzausrüstung. Die Arbeiter müssen teilweise am Seil gesichert werden. „Auch das ist für den zuständigen Polier und für mich jeweils etwas Besonderes,“ erklärt Hefti. „Zum Glück haben wir einen internen Sicherheitsbeauftragten, den wir bei brenzligen Situationen beiziehen können, wenn wir nicht uns sicher sind, ob die Sicherheitsanforderungen zu 100% erfüllt werden.“ So sind alle am Rohbau-Beteiligten auf der sicheren Seite.

Romeu Araujo, einer der Poliere, ist gerade damit beschäftigt, eines der grossen Schalungs-Elemente für die 12-Meter-Wand auf die untere, bereits betonierte Wand auszurichten. „Cettare oggi? (Betonierst Du heute?“ fragt ihn Hefti. „Oggi, no (Heute nicht)“, winkt dieser ab. Zuerst muss die letzte Etappe der Decke über EG fertig bewehrt sein, womit der Kran fast komplett ausgelastet ist. Einige Meter weiter drüben sind die Akkordanten voll dran. Betoniert wird vermutlich am Montag.

Baustellen-Italienisch funktioniert
Romeu Araujo ist Portugiese. Seit 23 Jahren ist er in der Schweiz, seit 17 Jahren bei der Nicol. Hartmann & Cie. AG. Auf den Baustellen im Engadin sprechen alle Italienisch, also spricht er bis heute nur wenig Deutsch. Der Bau des Kinocenters sei sehr interessant für ihn, erzählt er. Spannend seien die geneigten Decken und die darauf und darunter zu erstellenden Wände gewesen erzählt er. „Jede Baustelle ist anders, ich lerne immer wieder etwas neues dazu“, erzählt er in einem Mix aus Italienisch und Deutsch.

Sein Kollege Juan Tienda Torres ist Spanier. Auch er ist seit 9 Jahren auf Baustellen zwischen St. Moritz ,Klosters bis nach Chur unterwegs und die Verständigung in gebrochenem Italienisch funktioniert am besten. Vor allem die hohen Wände und die überhöhten Decken seien interessant hier und die schrägen Tribünen, die waren mal etwas anderes. „Da mussten wir von oben anfangen zu betonieren, damit die Last die Schalung nicht unkontrolliert anheben kann, den Beton verdichten und danach abtalochieren.“ Zum Glück seien die Decken nicht noch steiler gewesen, sonst hätte man auf der Oberseite eine Konterschalung erstellen müssen. Für ihn, als erfahrenen Polier, aber kein Problem. Wichtig sei halt, dass man die Pläne und Abläufe gut studiert. Das mache er jeweils am Abend und am Wochenende, er brauche nur wenig Schlaf, erklärt er mit einem sympathischen Lächeln.

Dachkonstruktion aus vorgespannten Betonträgern und Rippenplatten-Elementen
Das grosse Engagement der motivierten Baustellencrew zahlt sich aus. Die Arbeiten schreiten gut voran. Anfang Mai werden über den Kinosälen die vorgespannten Betonträger versetzt und die vorproduzierten, bis 16t schweren Rippenplattelement für die Decke darauf versetzt, bewehrt und überbetoniert. „Das ist deutlich einfacher bzw. weniger Aufwändig, als eine Decke auf 12 Meter hohen Spriesstürmen zu schalen“, erklärt Hefti. Im 2. OG wird ein Betontisch im Gebäudeinnern betoniert und mit Stützen auf das 1. OG abgestützt. „Ende Juni sollten wir mit dem Rohbau so weit sein“, erklärt Hefti. „Dann kommt der Zimmermann.“ Rundherum um den betonierten Kern des 2. OG soll dem massigen Gebäude eine sichtbare Holzdecke eine spürbare Leichtigkeit verleihen.

Herausfordernde Passerelle über die Bahnlinie
Bauleiter Werner Baumann, Domenig Architekten, befasst sich mit der nächsten Herausforderung: Die Passerelle, die dereinst das Kinocenter mit dem Einkaufscenter verbinden soll, muss über die die Bahnlinie der RhB geführt werden. Dieser Bau wird eine Knacknuss werden, da man wegen der Fahrleitungen nur mit besonderen Maßnahmen und zum Teil gar kein Gerüst aufstellen kann. „Somit werden wir versuchen die Stahlkonstruktion mit Verglasungen so weit wie möglich zusammenzubauen und schließlich an einem Stück an den richtigen Platz zu hieven. Dafür benötigen wir einen Spezialkran. Die Bahn wird uns lediglich ein Zeitfenster von drei Stunden über Nacht einräumen können.“ Die Aktion ist im Frühjahr 2022 geplant, machtentscheidend wird nebst einer guten Vorbereitung vor allem das Wetter sein, da es hier des Öfteren stärkere Föhnwinde gibt.


Einen Eröffnungstermin für die neue Kino-Erlebniswelt gibt es noch nicht. Ganz sicher dauert es noch eine ganze Weile, bis der erste Blockbuster über den Bildschirm flimmert. Spannend ist es auf der Baustelle Kinocenter City West aber bereits jetzt.

 

Kennzahlen zum Projekt:

Masse Baukörper:           115 m lang, 32.5m breit, 17.5m Höhe, 65'600 m3 Volumen
Beton gesamt: 8500 m3
Bewehrung:      920 t Eisen

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