14. Februar 2020

Baustelle des Monats: 3S-Bahn-Baustelle Eigergletscher

Bis Ende Februar müssen auf den beiden Baustellen Kaverne und Bahnhof noch 1'200 Kubikmeter Beton verbaut werden.

«Für die Jungfraubahnen ist dies ein weiteres Jahrhundertprojekt», erzählt Bauführer Stefan Zangari, während er die Skier ausklickt, mit denen er zur Baustelle gefahren ist. Mehrmals pro Woche ist er hier oben auf dem Eigergletscher um sich mit eigenen Augen ein Bild von den Baufortschritten zu machen, von denen ihm seine beiden Poliere täglich berichten. Der Zeitplan für den Bau des neuen Bahnhofes auf dem Eigergletscher und die Kaverne, wo dereinst die Gondeln des Eiger Expresses ankommen sollen, ist eng. Die beiden Baustellen unterhalb des Gletschers sind durch zwei Stollen, die durch den Berg gesprengt wurden, miteinander verbunden.

Am 12. Dezember 2020 wird die 3S-Bahn, welche Reisende vom Grindelwald Terminal innert 15 Minuten auf den Eigergletscher bringen soll, eröffnet. Hier oben auf 2'320 Metern arbeiten lokale Unternehmen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengestellt Hand in Hand. Während die Firma Frutiger bei der Kaverne den Lead hat sind es auf der anderen Seite beim Bahnhof vor allem Ghelma-Leute. Konkurrenz gibt es dabei kaum. Man kennt sich, arbeitet Hand in Hand, hilft sich aus und verbringt Mittage und Abende gemeinsam. Abende? Ja genau, denn würden die Bauarbeiter jeden Abend ins Tal pendeln, ginge viel zu viel Zeit verloren. So leben einige bereits seit neun Monaten von Montag bis Freitag im Arbeiterberghaus. Eine Situation,die nicht immer einfach ist, wie die beiden Ghelma-Poliere erzählen.

Leben und Arbeiten am Berg

«Es ist eine Herausforderung die Leute täglich neu zu motivieren. Neun Monate waren wir jeweils die ganze Woche hier oben, haben hier geschlafen, gelebt, gearbeitet. Da hast Du kein Privatleben mehr», erzählt Serge Blaser. Auch die Höhe ist eine Herausforderung. «Die Luft ist dünner… man kann nicht dieselbe Leistung verlangen wie unten», ergänzt Michael Bhend und «Ja, wir mussten jemandenheimschicken, der bereits nach einem Tag hier oben Herzrasen hatte.» Die beiden Hochbaupoliere sind zusammenfür die Erstellung des neuen Bahnhofes verantwortlich. Zirka 145 Meter lang und 17 Meter hoch ist das Bauwerk, für das zuvor 30'000 Kubikmeter Fels in mehreren Arbeitsschritten abgetragen werden mussten. Die Platzverhältnisse sind eng. Die Baustellensicherung aufwendig. Von den beiden Baukränen steht einer direkt oberhalb der Baustelle auf dem Felsen. Gefährlich? Auf jeden Fall. Hier oben wo der Guggisföhn bis zu 250 km/h Windspitzen erreicht, wurde die Aufstellung vom Bundesamt für Verkehr nur unter strengsten Auflagen bewilligt. Mit Litzenanker, die rund 25 Meter in den Boden gehen und 14 Meter in den dahinter liegenden Felsen, ist der Kran gesichert. Überhaupt ist die Witterung ein Riesenthema. «Das Wetter kann sehr schnell umschlagen», bestätigt Michael Bhend. Als Poliere sind die beiden zwar Chefs auf der Baustelle, wenn aber die Leitstelle der Jungfraubahnen wegen Sturm die Einstellung des Bahnverkehrs beschliesst, müssen alle zusammenpacken und mit dem nächsten Zug runterfahren. Denn sobald die Rettung bei einem möglichen Unfall nicht mehr gewährleistet werden kann, wird die Baustelle geschlossen.

Herausforderung Logistik

Rund 11'000 Kubikmeter Beton und 1'000 Tonnen Armierungseisen werden auf dem Eigergletscher verbaut sein, wenn die Baumeister dereinst fertig sind. Material, das beim Bahnhof Grindelwald Grund angeliefert und auf den Zug verladen wird. Bis zu 24 Gütertransporte werden so täglich auf die Salzegg gebracht, in die Materialseilbahn umgeladen und zum Bauplatz Eigergletscher gebracht. Eine eigens erstellte Bau-Seilbahn bringt die Materialien von der Salzegg zur Baustelle hoch. Ihre Tragkraft ist auf 5,5 Tonnen beschränkt. Ein langer logistischer Weg also, und natürlich sollen die Bauarbeiten die Tourismus- und Wintersport-Gäste möglichst wenig stören. Ergo fahren die Güterzüge nur dann, wenn sie hinter den Fahrplanzügen von der Kleinen Scheidegg hinterherfahren können. «Die Logistik ist gut organisiert», sind sich die Poliere einig. Wichtig ist dabei eine gute Vorausplanung. So müssen die beiden zum Beispiel die notwendigen Armierungen fast einen Monat vorausbestellen. Ganz wichtig ist dabei auch, dass nicht zu viel Material auf der Baustelle rum liegt. «Wir haben ja hier am Felsen eh schon sehr wenig Platz», führt Blaser aus.

Eigene Betonanlage vor Ort

Der Beton wird mit einer Betonanlage auf dem Eigergletscher selber gemischt und mit kleinen Fahrmischern, die max. 5 Kubikmeter fassen zur Baustelle gebracht. «Laden konnten wir wegen des steilen Weges meistens aber nur 3 Kubikmeter, sonst hätte man unterwegs schon wieder einen Teil verloren», erzählt Blaser. So dauert die Betonierung einer Wand, welche man im Tal vielleicht innerhalb einer Stunde fertig hätte, hier mindestens drei Mal so lang. Dazu kommen komplizierte bauliche Details, überhohe Räume, grosse Deckenspannweiten und diverse Unterzüge, die entsprechend vorgespannt werden mussten. Aufgrund dieser Dimensionen haben die Poliere entschieden, eine doppelte Decke einzuziehen, um die Schalungsarbeiten zu erleichtern. «So können die Arbeiter wenigstens sicher stehen und müssen nicht noch mit Gurten und Seilen gesichert werden.» – Und warum sind all die angehenden Glasflächen mit Schalttafeln verriegelt und mit orangen Netzen verhängt? «Ganz einfach, wenn es hier mal richtig stürmt, fliegt einem sonst alles um die Ohren.», so Blaser.

In den Fels gebaut

Der neue Bahnhof passt sich gut in den Fels ein. Kaum vorstellbar, dass es den Boden, auf dem wir bei unserem Rundgang stehen,zuvor gar nicht gab. «Das hier war geschichteter Felshang und einige Meter dahinter befindet sich ein Wasserreservoir für die Versorgung des Jungfraujochs», klärt BauführerZangari auf. Schwierige geologische Verhältnisse seien es gewesen, das Reservoir ein zusätzliches Risiko. Der Fels habe in mehreren Arbeitsschritten Schicht für Schicht abgetragen und immer wieder neu gesichert werden müssen, erinnert er sich. Es habe gedauert, bis es überhaupt mal ein «Bödeli» hatte, worauf man einen Raupenbagger bis 26 Tonnen habe stellen können. Spannend auch die Sprengungen durch den Berg. Zwei 25 Meter lange Stollen verbinden künftig die Bergstation der 3S-Bahn mit dem Eigergletscher-Bahnhof, damit die Touristinnen und Touristen bei jeder Witterung bequem umsteigen können. In diesem Stollen ist auch bereits alles vorbereitet für den geplanten Beladeroboter, der Lebensmittel und Souvenirs von der einen Bahn auf die andere umlädt. Der entsprechende Korridor ist bereits ausbetoniert. Wenn am 12. Dezember die neue Bahn eröffnet, werden sich wohl nur ganz wenige Menschen bewusst sein, was hinter diesem Jahrhundertbauwerkaus Beton, Glas und Stahl wirklich steckt. Blaser, Bhend und Zangari gehören sicherlich dazu.

 

BAUBETEILIGTE

Bauherr: Jungfraubahn AG

Planer: Generalplaner,

von Allmen Architekten und

Bauspektrum AG Ingenieure

Baumeister: ARGE Oberland V-Bahn,

Frutiger AG, Ghelma AG Baubetriebe,

Gerber+Troxler AG, Alpinice AG,

K. Anderegg AG und Kandlbauer AG

Persönlich, rasch und direkt

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