27. Februar 2023

Baustelle des Monats

Ende Januar 2023 wurde in Schwamendingen die bestehende Lücke in der Decke des Schöneichtunnels im Bereich Waldgarten mittels Einbaus von 54 vorgefertigten je 38 Tonnen schweren und 20 Meter langen Beton-Deckenträgern geschlossen. Dazu wurden sowohl die Autobahn als auch die darunterliegende Tramlinie für den Verkehr gesperrt.

Text: Anita Bucher

Die neun Totalsperrungen erfolgen nachts. Beim Einbau der 38 Tonnen schweren vorgefertigten Deckenträger soll jedes Risiko vermieden werden. Bei meinem Baustellenbesuch um 20.30 Uhr ist bereits alles parat. Bauführer Stephan Leu und Polier Pino Stagliano sind gut vorbereitet. Noch läuft der Verkehr auf der A1. Wir stehen auf den bereits gesetzten Trägern und schauen runter zu den Autos. Noch brausen sie in beide Richtungen. Aber nicht mehr lange.

In der Autobahneinfahrt Waldgarten stehen bereits die fünf LKWs mit den geladenen 20 Meter langen (Breite wäre 2.50m) vorproduzierten Elementen aufkolonniert bereit. Der grosse Toggenburger Pneukran steht auf der gegenüberliegenden Seite. Die Lastseile sind bereits eingehängt. Das gesamte Baustellen-Team wartet nur noch auf die Freigabe der Autobahn.

Sieben Träger pro Nacht
Bauführer Stephan Leu lächelt breit. «Fünfzehn Minuten brauche ich für den Einbau eines Trägers», grinst er. «Bis Mitternacht haben wir längst alle geplanten sieben Träger gesetzt. Noch aber muss er auf den Anruf des Tiefbauamtes warten, das die Autobahn sperren und freigeben muss. Die zweite Freigabe muss von den Zürcher Verkehrsbetrieben VBZ erfolgen. (Denn auch die darunter liegende Tram-Linie darf nicht in Betrieb sein, falls im schlimmsten Falle ein Träger durch die Decke brechen würde. Polier Pino Stagliano erklärt derweil: «Ich habe drei Leute, welche für die Abschrankungen zuständig sind, zwei hängen die Träger ein und drei sind auf einer Hebebühne auf Nationalstrassen Niveau, um die Träger richtig auszurichten. Dann hat es oben noch drei weitere, deren Job ist das Versetzen, Abhängen und Sichern der Träger.  Das Untergiessen mit einem hochwertigen Mörtel wird nach dem Versetzen in der gleichen Nacht ausgeführt.

Die Crew hat Wetterglück, es bleibt trocken. Neben der Autobahn sammeln sich Vertreter der Bauherrschaft und etliche Zuschauer, die sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollen.

Dann das Signal: Die Crews können loslegen. In Zeitlupentempo wird der 38-Tonnen-Träger in die Luft gehoben und dort vorsichtig gedreht, wobei ein Bauarbeiter mittels Seil (allenfalls Kletterseil) mithilft. Bauführer Stephan Leu behält recht: Innert fünfzehn Minuten ist der Träger bereits an der richtigen Stelle. Dabei ist Millimeter-Arbeit gefragt, den zwischen den einzelnen Trägern liegt lediglich eine Toleranz von einem Zentimeter.

Fasziniert verfolgt das Publikum das Spektakel. Nicht mehr lange und es wird deutlich ruhiger werden hier im Quartier. Nach der Fertigstellung der Decke entsteht hier auf dem Tunneldach eine kleine Parkanlage für die umliegenden Bewohner.

Anspruchsvolle Logistik
Während der Träger positioniert wurde, ist Lastwagen 1 bereits weggefahren und Lastwagen 2 hat sich in Position gebracht. Auch das Setzten des zweiten Trägers verläuft reibungslos. Unterdessen sind die beiden bislang noch fehlenden Lastwagen eingetroffen und haben sich in der Warteschlange positioniert. Baustellenchefin Beatrice Battistini und ihr Team haben die heutige Nacht lange vorbereitet. 54 Deckenträger gilt es innert neun Nächten zu setzen. Zweimal muss der grosse Toggenburger Pneukran dafür umpositioniert werden. Zuvor musste jedoch abgeklärt werden, ob sich die darunterliegende Geologie für den 500-Tonnen Eckdruck des schweren Kran als Standort eignet, vor allem dann, wenn er dazu noch einen 38-Tonnen-Träger am Haken hat. Auch die Anlieferung per LKW wurde minutiös geplant, genau wie die Parkmöglichkeiten und die Wegfahrten der LKWS.

Die schweren Deckenträger wurden in Veltheim (AG) nach einem digitalen Modell vorproduziert. Fast keiner ist gleich wie der andere. Im Bereich der Einfahrt wird die Autobahn breiter, danach wieder schmaler. Bauführer Stephan Leu fasst zusammen: «Wir haben die Betonauflager gemessen, dazu wurden die Träger im Werk mehrfach vermessen, alle Auswertungen wurden digital gemacht. Pro Träger werden auf jeder Seite 2 Schifft Platten vorgelegt.. Eigentlich kann nichts mehr schief gehen, aber man weiss halt nie…» So sieht das auch die Baustellenchefin. «Es kann immer etwas schief gehen. Auch beim Transport der Träger könnte etwas passieren», mahnt sie. Die Produktion eines neuen Trägers würde rund 2 Monate dauern inklusive Vorspannen und Transportieren. Genau das ist es aber, was ihr an ihrem Job so gefällt: «Du planst etwas und es kommt etwas dazwischen. Dieses Problem dann zu lösen ist etwas vom Spannendsten an meinem Job», sagt sie.

In dieser Nacht läuft aber alles rund. Rasch sind die sieben Träger versetzt und die Bauarbeiter beginnen mit Unterfüllen. Baustellenchefin Bea Battistini hätte noch deutlich mehr Träger versetzen lassen können in dieser Nacht. Darauf angesprochen zuckt sie die Schultern. «Es hätte auch anders rauskommen können, sagt sie. Dann hätte ich hier aufgestaute LKWs und nicht benötigte Deckenträger, die ich nirgendwo zwischenlagern kann. «Bloss nicht. Zudem haben die Bauarbeiter mit dem Unterfüllen der Träger noch genügend Arbeit für den Rest der Nacht.» Sie ist froh, dass alles nach Plan läuft. Denn ein bisschen ist die aktuelle Überdeckung auch ein Übungsfeld für das ganze Team. Weiter östlich  im Bereich Schörli wird das Team als Teil des neuen Tagbautunnels schon bald wieder Beton-Träger versetzen, gegen welche die 38-tönnigen von dieser Nacht klein anmuten:  «Im Schörli werden es 30-35 Meter lange Träger sein mit einem Gewicht von 65-85 Tonnen. 178 davon müssen ab April bis Ende  Juni versetzt werden», erzählt die Baustellenchefin mit einem Lächeln, das vermuten lässt, dass sie sich bereits heute auf diese Herausforderung freut.

Am 23.01.23 um 0100 Uhr wurde der 54. Träger verlegt. «Die Mannschaft ist stolz auf ihre Arbeit und verdient sich ein riesiges Lob.», so Projektleiter Daniel Hardegger.

 

Vorsichtig wird der vorgespannte Beton-Deckenträger hochgehoben und abgedreht.

 

 

Einhausung Schwamendingen behebt unzumutbaren Zustand

Mitten durch Schwamendingen führt eine der verkehrsreichsten Strassen der Schweiz. Täglich belasten über 120‘000 Fahrzeuge auf der Autobahn das Wohnquartier. Die Einhausung Schwamendingen minimiert die von der Autobahn verursachten Beeinträchtigungen: konkret Lärm und Abgase. Die vom Bundesamt für Strassen in Zusammenarbeit mit Kanton und Stadt Zürich realisierte Einhausung verbessert die heutige Situation nachhaltig und verhilft Schwamendingen zu neuer Wohn- und Lebensqualität.

Text: WALO Bertschinger AG
Illustration: Bundesamt für Strassen, Astra

Die Einhausung erstreckt sich zwischen dem Autobahnkreuz Zürich-Ost und dem Schöneichtunnel auf einer Länge von 940 Metern. Sie umhüllt auf diesem Abschnitt die Autobahn mit einem im Tagbau-Verfahren erstellten Tunnel. Richtung Stadtzentrum schliesst sie direkt an den bestehenden Schöneichtunnel an und verlängert diesen damit auf insgesamt 1,7 Kilometer. Die halboffene, durchlässige Tunneldecke beim Waldgarten wird geschlossen (siehe «Aus Ärgernis wird Parkanlage» und beim Portal Tierspital ein Lüftungsbauwerk mit Abluftkamin gebaut.

Der bisherige Schöneichtunnel wird lüftungs- und sicherheitstechnisch aufgerüstet sowie Sicherheitsmässig auf den neusten Stand gebracht. In diesem Zusammenhang wird der Schöneichtunnel komplett Instand gesetzt. (Betoninstandsetzung, Brandschutzplatten, neues Entwässerungssystem und Belagsersatz.

Auf der Tunneldecke der Einhausung entsteht ein schweizweit einzigartiger Hochpark
Mit dem neu geschaffenen Grün- und Freiraum auf dem Dach der Einhausung, mit den zahlreichen Zugängen und Verbindungswegen sowie der qualitativen Aufwertung der Unterführung in der Saatlenstrasse, werden die beiden Quartierteile Schwamendingen-Mitte und Saatlen wieder spürbar näher zusammenrücken. Auf dem Dach der Einhausung entsteht mit dem Überlandpark ein durchgehender Grün- und Freiraum für die Quartierbevölkerung. Entlang der Einhausung wird beidseitig ein öffentlicher Weg angelegt, der die Zugänglichkeit zum Park zu Fuss und mit dem Fahrrad erleichtert. Von ihnen gehen Rampen, Treppen und Lifte aus, mit denen der Freiraum auf der Einhausungsdecke erreicht werden kann.

Hohe bauliche Anforderungen
Die Realisierung der Einhausung stellt alle Beteiligten (Bauherrschaft, Planer, Bauleiter und Unternehmung) vor besondere Herausforderungen. Insbesondere die engen Platzverhältnisse mitten im Wohnquartier machen die Bauausführung höchst anspruchsvoll.

Der Bau ist komplex und bringt vielschichtige Herausforderungen mit sich. So hat sich der Baugrund als sehr setzungsempfindlich herausgestellt. Deshalb mussten alle tragenden Wände auf Pfählen fundiert werden. Weiter müssen über dem Tramtunnel und der Tramstation bis zu 35 Meter lange und 85 Tonnen schwere Betonträger versetzt werden, welche die Last der Einhausung ableiten. 19 Gebäude wurden wegen des vermehrten Platzbedarfes der Einhausung teilweise oder ganz rückgebaut.

Aufgrund der Grösse und Komplexität des Projekts benötigt die Baustelle eine aufwendige Logistik. Der Bedarf an Installations-, Bewegungs-, Logistik- und Rettungsflächen mitten im Wohnquartier ist zeitlich und örtlich sehr hoch. Aus diesem Grund müssen zahlreiche freie Flächen im Quartier temporär genutzt werden.

 


Kennzahlen

Ausführungszeitraum
September 2018 – Mai 2024

Arbeitsgemeinschaft

ARGE EHS

Implenia Schweiz AG                27% (FF)
Marti AG Bauunternehmung     27%
Walo Bertschinger AG              26% (TL / KL)
Anliker AG Bauunternehmung 20%

Werkvertragssumme
CHF 215'000’000

Technische Daten

Fundationspfähle                                1250 St
Stahlbeton                                    115’000 m3
Schalung                                      160’000 m2
Armierung                                          16’000 t
Belag                                                 41’000 t
Werkleitungen                                       18 km
Fertigbetonträger                             15’000 m2
Microtunneling (NW 1500-2000mm)    1’100m1

Herausforderungen

Bautechnische Komplexität, Autobahn im städtischen Bereich, gesamte Palette von Spezialtiefbau, Geologie/Grundwasserspiegel, Termine/Koordination mit BSA, Verkehrsführung immer 2x2 Spuren

Baumethoden

Schlitzwände, Pfähle, Spundwände, Jetting, Rühlwände, Anker, Ingenieurbetonbau, Städtische Werkleitungen, Strassenbau

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