10. Februar 2022

"Der Baukadervertrag muss moderner werden"

Im Hintergrundgespräch mit Alfred Thommen, zeigt der Vize-Präsident von Baukader Schweiz auf, warum es Anpassungen beim Baukadervertrag braucht, was beim Parifonds Bau gerade so läuft und was es für erfolgreiche Verhandlungen bei den Sozialpartnerschaften braucht.

Interview: Anita Bucher

Alfred Thommen, Du wünschst Dir Anpassungen im Baukader-Vertrag. Welche sollten das sein?

Es braucht flexiblere Arbeitsmodelle für die Poliere, Möglichkeiten Teilzeit zu arbeiten, eine bezahlte Znüni-Pause und der Wegfall der täglichen unbezahlten Vorbereitungszeit.

Jahrelang waren eure Verhandlungen mit dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) ohne Resultat. Nun hast Du aber Hoffnung, dass sich etwas ändern kann. Weshalb?

In den letzten Jahren war es tatsächlich schwierig mit dem SBV eine Lösung zu finden. Die Themen, die unsere Mitglieder bewegen, wurden vom SBV, trotz vielen Hinweisen von uns, nicht als relevant befunden. Wir finden aber, es braucht dringend eine Attraktivierung des Polier-Berufes. Im Frühling 2021 hat Baukader Schweiz deshalb zusammen mit der UNIA und der Syna einen offenen Brief an den SBV geschrieben. Darin haben wir vor einem drohenden Fachkräftemangel gewarnt, wenn es nicht attraktiv bleibt, als Polier zu arbeiten. Im Rahmen des Masterplanes 2030 hat der SBV im Jahr 2021 selbst eine Befragung mit über 500 Polieren in Auftrag gegeben, die nun zu ähnlichen Resultaten gekommen ist, wie wir.

Und diese sind?
Dass der Druck auf die Poliere viel zu gross ist. Dass jeder dritte Polier mit seinem Lohn unzufrieden ist, jeder vierte gerne Teilzeit arbeiten möchte und dass bei 80% der Poliere der Wunsch nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeit riesengross ist.

Wie kann man das Recht auf Teilzeitarbeit im Baukadervertrag verankern, ohne dass der Arbeitgeber damit massiv unter Druck gerät, dass er jedem Arbeitnehmenden dann jeden Pensum-wunsch gewähren muss?

Das ist tatsächlich nicht einfach. Für eine endgültige Formulierung braucht es zum Schluss sicher die Hilfe von Juristen. – Als erstes wünschen wir uns hierbei aber einfach ein Entgegenkommen des SBV. Es muss eine Formulierung möglich sein, die es dem Polier mindestens ermöglicht, seinen Chef darauf anzusprechen und die allfälligen Möglichkeiten auszuloten, das wäre schon ein Riesenfortschritt zur heutigen Situation. Dafür braucht es aber bei vielen Arbeitgebern einen Sinneswandel oder eben die Einsicht, dass auch sie aktiv zur Attraktivierung des Polierberufes beitragen müssen.

Auch flexible Arbeitsmodelle mit Stundenabrechnungen sind gefragt. Hast Du hierfür einen Vorschlag?

Das ist sicher von Firma zu Firma unterschiedlich, was hierbei möglich ist. Aber bei der Aus- und Weiterbildung geht es mit der Flexibilität ja auch. Genauso, wenn auf wechselnde Wetterverhältnisse oder Lieferengpässe reagiert werden muss. Es ist einfach eine Frage der Planung und des Willens.

Auch der Wegfall der täglichen Vorbereitungszeit von 30 Minuten und eine bezahlte Znüni-Pause sind Dir ein Anliegen. Kannst Du dazu etwas sagen bitte?

Natürlich. – Die tägliche unbezahlte Vorbereitungszeit ist Schnee von gestern. Heute arbeitet niemand mehr gratis, das ist einfach nicht mehr zeitgemäss und hätte schon längst angepasst werden müssen. Genauso wie eine bezahlte Znüni-Pause. Eine solche kennt man durchwegs in allen Branchen nur auf dem Bau nicht. Das ist wirklich ein Armutszeugnis und sollte dringend geändert werden.

Die Verhandlungen mit dem SBV sind manchmal zäh. Was motiviert Dich trotzdem immer weiterzumachen?
Vertragsverhandlungen in den Sozialpartnerschaften sind nie einfach. Wichtig ist aber, dass sich die Sozialpartner auf Augenhöhe begegnen. Hier hilft es, wenn man sich allmählich besser kennt. Gerade bei schwierigen Themen ist der Aufbau einer partnerschaftlichen Beziehung eine wichtige Grundlage für die Verhandlungen. Inzwischen nähern wir uns den von uns gewünschten Themen an, die Verhandlungsdelegation des SBV und wir. Das motiviert mich, weiterzumachen.

Es gibt auch Erfreuliches bei Deiner Arbeit. In Deiner Funktion als Gremiumsmitglied im Vorstand Parifonds Bau hat es kürzlich gute Neuigkeiten für Poliere und Vorarbeiter gegeben…

Genau. Da der Parifonds Bau während der Corona-Krise nur wenige Ausbildungen unterstützen konnte (das meiste war ja Pandemie-bedingt abgesagt) hat der Ausbildungsfonds einen Gewinn erwirtschaftet, von dem in den nächsten Jahren vor allem Poliere und Vorarbeiter profitieren sollen. Für ihre Weiterbildung wird von 2022 bis 2025 nämlich die tägliche Ausbildungspauschale um CHF 50 erhöht. Dies hat der zuständige Parifonds-Ausschuss im Herbst entschieden. Persönlich hoffe ich, dass dies für ganz viele Berufsleute der richtige Ansporn ist eine Weiterbildung zu machen und sie dabei von ihren Arbeitgebern unterstützt werden. Denn davon profitieren zum Schluss alle: Die Bauarbeiter, der Arbeitgeber und der Baukader selbst. So soll es auch sein.

Vielen herzlichen Dank für Dein grosses Engagement für unsere Mitglieder.

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