08. September 2022

BIM2field beim Spital-Neubau Aarau

Bis zu 140 Mann arbeiten auf der Megabaustelle in Aarau. Seit Januar 2022 ist die Bauunternehmung Marti AG Zürich mit rund 80 eigenen Leuten und den verschiedenen Subunternehmern am Rohbau dran. Der riesige Ersatzneubau mit Gebäudelängen von 145 × 120 Metern und 50 Metern Höhe wird schlussendlich eine Geschossfläche von 110'000 m² vorweisen. Gebaut wird nach einem vorgängig erstellten BIM-Modell.

Text: Anita Bucher
Bilder: Markus Zehnder, Marti AG / Anita Bucher

«Es ist wird das grösste Spital der Schweiz und das zweigrösste in Europa sein»,
schreibt die Aargauer Zeitung. Das projektierte Gebäude «Dreiklang» wird aus einem viergeschossiges Sockelgebäude mit sechsgeschossigem, nach innen versetztem Aufbau bestehen. Der Sockel gliedert sich in die verschiedenen Funktionsbereiche des Spitals und das Ambulatorium, während die Betten- und Pflegestationen im Aufbau untergebracht sein werden. Was bisher auf verschiedene Kliniken auf dem ganzen Areal verteilt war, wird in einem Gebäude untergebracht.

Bis zu 23 Betonetappen je Geschoss
Die riesigen Deckenflächen des Sockelgebäudes können natürlich nicht in einem Guss betoniert werden. Je nach Geschoss werden bis zu 23 Betonetappen ausgeführt. Toni Würsch, Projektverantwortlicher erklärt: «Da das Gebäude schlicht riesig ist, haben wir es für die Planung der Ausführungsarbeiten in vier Teilbereiche unterteilt. Die Betonieretappen haben wir so geplant, dass Personal und Inventar stets optimal ausgelastet werden.» So kann fortwährend geschalt, Eisen gelegt und betoniert werden. Gebaut wird momentan an drei Geschossen gleichzeitig. Prioritär werden die Betonieretappen im Gebäudeinnern behandelt. Das hat damit zu tun, dass man möglichst schnell mit dem Bau des aufgesetzten Bettenhauses beginnen möchte. «Das ist der kritische Weg, der darüber entscheidet, ob wir den Zeitplan einhalten können.» Diese Vorgehensweise führt dazu, dass sich die eine Baucrew bereits im 2. OG befindet, die andere im 1. OG und die Kollegen dazwischen noch im 1. UG. Acht grosse WOLFF-Kräne sind auf der Baustelle «Dreiklang» im Einsatz. Mit zwei eigenen Ortsbetonanlagen wird der Beton direkt vor Ort produziert und mittels Betonpumpen und Betonverteilmasten am jeweiligen Ort eingebracht.

Tablets für Poliere und Vorarbeiter
Sechs Poliere und drei Vorarbeiter treiben den Bau voran. Sie alle wurden mit Tablets ausgerüstet, an welchen sie mittels BIM-Modelle immer die jeweilig benötigen Pläne. studieren können. Das ist äusserst praktisch, denn man hat immer alle aktuellen Pläne, wie mir Chefpolier Adamo Bono erklärt. Auch der Vorarbeiter der Eisenleger ist begeistert vom Arbeiten mit dem Tablet. «Viel übersichtlicher als Papierpläne, zudem kann ich Ebene für Ebene ein- oder ausblenden, ganz wie ich mir das wünsche.» Die Ansicht auf dem Tablet sei zudem nicht bloss ein Strich auf dem Papier, sondern fast wie eine Fotovorlage. Er hofft deswegen, dass er nie wieder mit Papierplänen arbeiten muss. Auch David Weilenmann, stellvertretender Chefpolier ist Fan von digitalen Plänen. «Im Modell ist die richtige Menge Beton und Eisen bereits hinterlegt. Das macht meineBestellungen supereinfach.»

Fünf digitale Planhäuschen auf der Baustelle
Die Marti AG Zürich hat ihre Mitarbeitenden gut ausgerüstet. An fünf strategisch gewählten Orten auf der Baustelle haben die Poliere Zugriff auf ein BIM-Planhäuschen, wo ihnen nebst einem grossen Ablagetisch auch ein grosser Bildschirm zur Verfügung steht, auf welchem sie mit Mitarbeitenden das BIM-Modell nach allen Seiten drehen und die notwendigen Details genau anschauen können. Das geht natürlich auch auf dem Tablet. Bauführer Dominic Mozzetti erklärt: «Wenn sich jemand nicht ganz sicher ist bei einem Bauteil, dann kann er sich hier die notwendigen Informationen zum Geschoss oder zur Etappierung einblenden lassen. Früher musste man dann bis zu 7 Pläne holen und nebeneinanderhalten. Wenn ich mir auf dem Tablet zum Beispiel eine Bodenplatte anschaue, dann kann ich einfach auf dem Modell, die entsprechende Armierungsetappe anschauen und finde auch gleich die Eisenliste mit Positionsnummern und Angaben zu Durchmesser und Länge.» Einmal wöchentlich gibt es zusammen mit den Bauführern eine Poliersitzung, an welcher das Programm der nächsten drei Wochen und andere wichtige Punkte wie Arbeitssicherheit, Personalplanung und

Qualität besprochen werden. Bauführer Luca Cabiallavetta ergänzt: «Alle Informationen, die wir für die Arbeitsvorbereitung benötigen, kommen vom Modell. Auch die benötigte Menge und der Liefertermin beim bestellten Eisen ist entsprechend hinterlegt.» Gibt es trotzdem einmal eine Unsicherheit oder eine Information, die fehlt, kann der Polier mit dem Tablet eine Aufgabe erstellen, die dann dem entsprechenden Bauführer zur Beantwortung zugewiesen wird.

Skepsis wich der Begeisterung
20 Tablets sind auf der Baustelle «Dreiklang» im Dauereinsatz. Alle Tablets verfügen, da sie immer online sind, über die aktuelle Planversion. «Unsere Vorarbeiter und Poliere waren von Anfang an sehr interessiert an dem digitalen Modell. Manche haben das Tablet mit nach Hause genommen und abends nochmals gründlich angeschaut» erzählt Bauführer Mozzetti. Er selbst hat vor rund fünf Jahren selbst noch als Polier gearbeitet und mit der Marti AG Zürich die ersten Versuche im BIM2field absolviert. Erfahrungen, die er 1:1 weitergeben kann. So kann sich zum Beispiel der Vorarbeiter im Modell genau anschauen, wie es aussehen soll, wenn er Stützen setzen muss. Er hat im Modell alle Informationen über die Positionsnummern, die Pläne des Ingenieurs, sowie die Werks- und Montage-Pläne des Stützenherstellers. Er muss nicht zum Chefpolier oder zum Bauführer, um nachzufragen. Er hat alle Möglichkeiten sich seine Informationen selbst zu holen.

BIM – was bringt es wirklich?
Welche Erkenntnisse erhofft man sich bei Marti aus dem Bau mit dem BIM-Modell? Projektleiter Würsch formuliert eine vorsichtige Antwort: «Wir sind nicht schneller beim Schalen, beim Betonieren oder beim Bewehren, was ja unser Kerngeschäft ist. Aber ich sehe viele Vorteile bei den administrativen Prozessen, wie etwa bei der Plan- und Datenbewirtschaftung.» «Digitalisierung heisst für mich durchgängige Datennutzung. Daten müssen nur einmal eingegeben werden und können dann bis zum Schluss weiterverwendet werden, ohne dass man Zahlen abtippen muss. Darin sehe ich ein grosses Entwicklungspotenzial.» Bauführer Cabiallavetta ergänzt: «Natürlich sind wir ständig am Analysieren, ob sich BIM für uns lohnt. Der Mann draussen kann deswegen nicht schneller arbeiten, oder mehr arbeiten. Diese Grenze haben wir längst erreicht. Aber schon nur wenn wir die administrativen Prozesse so reduzieren können, dass der Bauführer um Stunden entlastet wird, haben wir einen Vorteil für die Zukunft. Man darf BIM zudem nicht nur auf die Ausführung reduzieren. Es geht auch ins Abrechnen. In ein paar Jahren sind vielleicht Teile des Ausmasses automatisiert oder vereinfacht.»

So oder so, in einem sind sich der Projektleiter und beide Bauführer einig: Mit dem Projekt «Dreiklang» kann sich die Marti AG eine 1A-BIM-Referenz erarbeiten und die Türen für weitere interessante BIM-Projektestehen weit offen.
 

In einem der fünf BIM Planhäuschen kann Chefpolier Adamo Bono am digitalen Modell jederzeit Details aus- oder einblenden, je nach Bedarf.

Persönlich, rasch und direkt

Sie wollen wissen, wofür wir uns engagieren? Abonnieren Sie unseren Newsletter! Bei Fragen steht Ihnen die Geschäftsstelle von Baukader Schweiz zur Verfügung.

Baukader in Ihrer Nähe

Unsere Sektionen bilden das regionale Netzwerk, fördern die Geselligkeit und stehen für Fragen zur Verfügung.

Newsletter abonnieren